#frapalymo no 11: heimat

das wort das den sommer heraufkam und im herbst liegen blieb
ein leichtes (damals / vor jahren)
als die kühe noch kühe und die schweine schweine sein durften
(letzteres ist zwar heute noch so aber man spricht nur ungern darüber)

der spaziergang also
einiger buchstaben aneinandergereiht (romantiker würden sagen
sie hielten händchen) durch die monate mai bis august
wobei sie zunehmend verblassten (äußerlich innerlich)

landschaftsanalog kahl
schutzsuche schließlich abweisung (ihr kennt das)
lebenszyklus eines wortes
das den winter nicht überleben wird

versinkt schließlich im vergessen
unter der erde und keimt (so hoffen wir wissen das aber nicht)
bis zu einem späteren sommer
wenn die kühe wieder kühe und die schweine schweine sein dürfen
(bis dahin bleiben wir beim ungesagten)

 

das ist gedicht no. 11 von frau paulchen für den #frapalymo, und der impuls lautete: „bindet ein oder zwei ausdrücke des begriffsstudios in eure texte ein“. das begriffsstudio ist ein projekt, das von monika rinck ins leben gerufen wurde und wunderbare fundstücke unserer verrückten welt enthält.
mein begriffsstudiobegriff für dieses gedicht war no. 3679: „das wort, das den sommer heraufkam“

30 tage, 30 gedichte, no excuses: wer beim #frapalymo mitmachen mag, kann dies entweder für sich tun und die impulse für die eigene schreibstube nutzen. oder im unten stehenden kommentarfeld seinen blog/webseite verlinken. oder das gedicht selbst über das kommentarfeld hochladen. oder auch einfach sonst einen kommentar hinterlassen. ähnlich über twitter mit link und kennung #frapalymo und @FrauPaulchen

38 thoughts on “#frapalymo no 11: heimat

  1. Corinna says:

    jetzt, da sie fallen
    zuhauf und zu haufen
    gekehrt in gossen und
    nicht-mehr-grünanlagen
    modern jetzt, wo
    das laub der geselligen linde
    sich bettet mit dem
    der knurrigen eiche und dem der eitlen buche
    zeigt sich
    die einsamkeit des schwarzen geästs
    eingehimmelt in novembergrau

    (hier sind im Spiel Nr. 2569: „das laub der geselligen linde“
    und Nr. 2507: „eingehimmelt“)

  2. Monika S says:

    Ausgestorben

    Im alten Zoo
    pulverisierten Würmer
    die Zäune.

    Die letzten Exemplare
    der Prä-Angst
    entflohen ihrem Gehege,
    verdursteten in Freiheit.

    Nun
    gilt die Art
    als ausgestorben.

    (eingebaut: Nr. 1086 „der alte Wurmzoo“ und
    Nr. 1226 „Prä-Angst hegen“)

  3. Weggestrampelte Zeit
    zwei Zettel mit wahren Worten
    im Weißraum nur
    ein störendes Gefühl

    denk dran
    an den Hohn
    denke daran

    die Welt lacht verwundert
    wendet sich ab und
    schläft vergessen

    träumt nichts
    erschrickt

    in kalter Stille
    keine Erinnerung

    sonst
    leises Tagesbrummen
    sonst
    war nichts

    Wattekugeln fallen
    einzeln – hin und wieder –
    ich schaue zu

    bis ein Sommer vergeht

    (Impuls: Nr. 1124 aus dem Begriffsstudio „das verreiste Jahr“)

  4. FrauFrog says:

    Zwischen
    den Avocados
    im Flashbecken
    ist noch eine Bahn frei
    mangobeglückt
    und zimtberauscht
    schwimme ich schwerelos
    durch meine Honigwoche
    schau meinem kleinen Sein
    
beim Kleinsein zu

    (im Spiel: Honigwoche des kleinen Seins, im Flashbecken schwimmen)

  5. Bürohengste

    So mancher Neuling strebt
    beflissen
    nach einem Platz
    in ihrer Dynastie
    Setzt Sitzfleisch an
    die dicke Brille auf
    liest Buch um Buch
    kriecht in so manchen Hintern
    zwecks dem Stallgeruch
    Und doch geht´s in die Binsen
    Er hat es nicht
    und wird es niemals haben
    Es wird vererbt
    das Gen für´s Büro-Grinsen

    Nr. 1031 / „als Erbgut vorhandenes Bürogrinsen“

  6. Rike says:

    mein Trostpflaster ist dein Tröstgeflüster
    getuschelte Freundschaft
    Geborgenheit in einem Hauch
    kuscheliger Flüsterwolke

    (insp.by: 3034 die lispelnde Luft)

  7. @sandrastrazzi says:

    Nachts
    erreichen mich
    die Bilder mit
    samt ihren Empfindungen
    sinken sie hinauf
    in den warmen Qualm
    der Erlebnisräucherei

    (Begriffsstudio: Erlebnisräucherei, hinauf sinken)

  8. happy-go-lucky!

    ciao, tout le monde!

    ja, ja, c’est moi.

    c’era da scegliere today

    un mot

    chi cerca trova

    hab’ ich indeed velocissimo gefunden.

    and now

    i know

    was io bin:

    ein linguistisches chamäleon!

    vediamo, was noch kommt.

    ich denke oft

    come viene, viene.

    à la nächste volta!

    bye

  9. philosophina says:

    „Schoßhund des Schicksals“ (Nr. 3675)

    auf weichen Kissen gebettet
    gekrault und liebkost
    nicht eine Seele gerettet
    nur rosa Brillen verlost

    bloß keinen Schritt heraus
    aus deiner Komfortzone
    was in der Welt passiert
    interessiert dich nicht die Bohne

    glücklich macht dich das nicht
    aber es ist so schön bequem
    verlässt nie dein Bett aus Angst
    jemand könnte es dir wegnehmen

  10. erinnerung an die aktivitäten
    einer achtjährigen

    im yeru-heft
    herausgegeben vom lehrstühlchen
    für kindliche synästhesie-forschung
    stand schon alles:
    eine musikfarbentruhe
    das zahlenalphabet
    aufgeschnappte worthackbällchen
    gesammelte korbblütler.
    dass im schneckenlicht
    bitterer flaum wächst
    war selbstverständlich –
    alles wurde von mir
    verwahrt und verwortet.
    an den nachmittagen verlief ich mich
    oft im wohligen lexikonwald
    in seinem klingklangsee badete ich
    kariert eingekleidet im chor

    bis die lehrerin sagte:
    blödsinn
    blindsinn notierte ich

    _________________

    Aus dem Begriffsstudio entliehen habe ich „Schneckenlicht“ und „bitterer Flaum“.

  11. einfach nur sitzen
    am abhang der schläfrigkeit
    sonnenbeschienen

    (aus dem Begriffstudio fiel mir für mein Haiku die Nr. 1228 „der Abhang der Schläfrigkeit“ zu…)

    Liebe dankbare Unterwegsgrüße allen Mit-Wort-und-Gedanken-Spielerinnen…

  12. Kleiner Floh says:

    Wagnis

    Schritte in die Unendlichkeit,
    Blicke in die Ferne jederzeit.

    Worte fliegen in das Ohr,
    schwappend wörtlich hervor.

    Nr. 3265 Der unsichtbare Balkon und
    Nr. 1023 Reden an ein schwappendes Ohr.

  13. Ruth says:

    im dickicht
    des schubladen
    denkens
    hineingewurstelt
    was weiss ich denn
    zerknittert
    und so dem
    mottengang geweiht
    muss mal scharf
    überlegen
    wie
    die geschichte
    eines verlassenen sommers
    zum tauschgeschäft wurde
    ein ewiges abwägen
    ein leichtes hemdchen
    gegen
    nicht mein typ
    bereuungsgeld
    im nächstbesten
    laden
    hingeworfen
    dieser kopflose
    denksimulant

    danke begriffsstudio für die wunderbaren worte und dir sophie für den anlass. ich habe mich verstrickt in 3185 Bereuungsgeld
    2158 Denksimulant

  14. gequatsche

    verbohrt und verquillt
    gilt
    jeden tag zu wollen
    verbohrtes verquollen
    sich selbst zu verreimen
    was wichtig
    dem seinen
    furcht vor dem fremden
    allzu behenden
    springenden geist
    verwaist
    und doch
    wie einst bloch
    der hoffnung prinzip
    in uns verblieb

    gewählter Ausdruck aus dem begriffsstudio von monika rinck:
    „no. 2401: die bohrung, aus der gequatsche quillt“

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