Weihnachtsgeister
Nahezu jeder Mensch fürchtet sich vor Geistern, denn sie sind wie ungebetene Gäste: quartieren sich in die Gedanken der Menschen ein und fordern Aufmerksamkeit. Selten gehen sie wieder freiwillig. Sie suchen uns heim, belagern uns mit Fragen und geben einfach keine Ruhe. Charles Dickens hat in seinem Christmas Carol drei Weihnachtsgeister erschaffen und sich damit zum ersten Mal zu dem bekannt, was sich ein jeder von uns nicht eingestehen wollte – dass es nämlich diese Geister wirklich gibt, und dass sie insbesondere zur Weihnachtszeit, wenn wir zur Ruhe kommen und es uns kuschelig und wohlig machen wollen, gerne bei uns vorbeischauen.
Wie begegnet man nun Geistern? Nun, zunächst einmal muss man sich die Frage stellen, und das ist die ureigenste aller Fragen, die, die weh tut und der wir eigentlich gerne ausweichen wollen: Warum kommt der Geist bei uns vorbei? Warum gerade ich und gerade jetzt? Und wenn wir uns diese Frage ehrlich und aufrichtig beantworten, dann haben wir bereits unsere Waffe in der Hand. Doch diese Frage lässt sich nicht pauschal beantworten. Es gibt kein „One size fits all-Prinzip“ bei Geistern. Die Frage ist individuell, genauso wie sich ein Geist jedem Menschen anders zu erkennen gibt und auch eine andere Gestalt annimmt.
Geister suchen uns heim, weil sie uns auf das aufmerksam machen wollen, was in unserem Leben fehlt, was wir falsch angegangen sind oder wo wir uns unrechtmäßig in den Vordergrund gestellt haben. Sie sind eine Art schlechtes Gewissen, nur dass wir unser schlechtes Gewissen gelernt haben zu verdrängen. Geister lassen sich nicht verdrängen. Sie bleiben so lange, bis wir uns ihnen gestellt haben. Sie stehen demnach eine Stufe über dem schlechten Gewissen. Die entscheidende Frage also lautet: Warum dieser Geist und warum jetzt? Wer seine persönliche Antwort auf die Frage weiß, der hat sich seinem ureigensten Ich, seinem Wesen, seinen Ängsten und seiner Seele gestellt. Das ist die Waffe, und sie heißt Erkenntnis. Tiefe und ehrliche Erkenntnis.
Warum also du? Und warum jetzt?