#frapalymo no 10: erinnerungseinkaufsnetz

ja bitte
ich hätte gerne zwei kilo verstand
ein pfund lachen und das glück
das nehm ich gerne am stück
die melancholie bitte in scheiben und einzeln
verpackt ach
die liebe gibt es die
im dutzend billiger
danke dass sie fragen
die trauer die nehme ich lieber entschuppt
und wenn ich zahle geht das auf rechnung
meines lebens

 

das ist gedicht no. 10 von frau paulchen für den #frapalymo, und der impuls lautete: „die erinnerung ist ein netz“ – nach dem zitat von oliver wendell holmes sr.

30 tage, 30 gedichte, no excuses: wer beim #frapalymo mitmachen mag, kann dies entweder für sich tun und die impulse für die eigene schreibstube nutzen. oder im unten stehenden kommentarfeld seinen blog/webseite verlinken. oder das gedicht selbst über das kommentarfeld hochladen. oder auch einfach sonst einen kommentar hinterlassen. ähnlich über twitter mit link und kennung #frapalymo und @FrauPaulchen

25 thoughts on “#frapalymo no 10: erinnerungseinkaufsnetz

  1. Corinna says:

    geflickt ist mein netz
    mit rau rissigen fingern
    der erinnerung
    bin ich eine fischerin
    auf dem lebensmeer
    traum verknotet in den maschen hängt
    muschel, seestern, tang des lebens
    geflickt mein netz
    mit nadel und faden den bloßen händen
    wieder und wieder
    hält es

    • Gerda Steger says:

      immer dabei

      aus dem kelch der augen-
      blicke immer trinken
      satt zu sein nicht
      für heute nur zu fühlen
      das füllende fein
      verwobene netz als
      steter begleiter wenn
      schwer alltagsbepackt
      atemlos wir
      erinnerungen im netz
      verfangen finden und
      sie immer wieder trinken:
      elixier

    • Gerda Steger says:

      Ein schön zu lesendes Netz-Gedicht! Dein Bild, liebe Corinna, von der „fischerin auf dem lebensmeer traum verknotet“ spricht mich sehr an.

  2. Corinna says:

    Liebe Sophie, wenn es dein Erinnerungseinkaufsnetz zu kaufen gibt – im Dutzend billiger? – , nehme ich gerne eines ab 🙂 Wunderbar leichtes Gedicht trotz schweren Inhalts im Netz!

  3. Gerda Steger says:

    Guten Morgen, Sophie, mit deinem besonderen Einkaufsnetz möchte auch ich nicht nur heute durch den Tag gehen. Federleicht verdichtet und aussagestark dein Netz-Gedicht!!!

  4. FrauFrog says:

    Erinnere nicht mehr
    mit großem Gepäck
    was ich bewahre
    passt in ein Netz
    die Zeit mit dir
    ist längst
    durch die Maschen gerutscht

  5. Rot hat sie nie getragen
    Jeansjunge
    haben sie mich genannt
    marsrot war mein erstes Auto
    der Käfer

    die tote Grille
    die davonlief
    ohne Kopf

    das Institut im Morgennebel
    meine neue Freiheit
    Lappland auch
    nur keine Tiere mehr

    früher immer Österreich
    war öde irgendwann
    bis zum Aufbruch

    dann war Österreich
    doch noch einmal schön
    wen interessiert ein Leben
    nein dreimal

    was Bernhard wohl macht
    wie schreibt man nur
    dies eine Wort
    Grün, genau Grün

    war ihre Lieblingsfarbe
    in Schottland
    suchte er den einen Satz
    das ist mir jetzt entfallen

  6. wiehießernochgleich?

    wenn ich den kescher packe
    voller hoffnung auf
    namenjagd gehe
    durch maschen rutsche
    viel zu weit
    die können ja gar nicht!
    wie sollten sie denn?
    halten
    und wo ist bloß der doppelte boden?
    hab ich vergessen den einzuziehn?
    wiehießernun der mann mit
    brauner jacke und weißem haar?
    günther? nein!
    walter?
    Ach Mama! Weißes Haar hatte doch nur
    Tante Lisa damals.

  7. stimmungen, düfte, bilder…
    weben sich
    längst vergangen
    in meine tage

    stimmungen, düfte, bilder…
    holen verlorenes
    aus den tiefen
    meiner seele

    stimmungen, düfte, bilder…
    freuen mich…
    ängstigen mich…
    erinnern mich… jetzt

    stimmungen, düfte, bilder…
    erinnern mich
    weben weiter
    am lebensnetz

    stimmungen, düfte, bilder…
    mal laut und mal leise
    mal grell und mal blass
    sie sind mein

  8. Rike says:

    Verwoben und nicht greifbar

    Manche Erinnerungen kann man erzählen
    in wortreichen Geschichten
    weiterverschenken

    die meisten Erinnerungen
    sind dagegen
    nur

    Bilder Gefühle Geräusche und Düfte
    flüchtig und verwoben
    eins an das andere

    die dir erscheinen
    unerwartet
    die dich lenken
    unbemerkt
    die dich begleiten
    immer
    und doch
    immer
    flüchtig

  9. philosophina says:

    geduldig am Weben
    ein Netz aus klebrigen Fäden
    die Ereignisse des Lebens
    bleiben dran kleben

    klebrige Fäden
    umspinnen das Leben
    aufgereiht wie auf eine Perlenkette
    hängen Erinnerungen dran

  10. Mit

    Zurückhaltung

    stand ich oft Neuem

    gegenüber.

    Alte

    Erinnerungen und Verletzungen

    engmaschig

    wie Fußketten.

    Könnte

    ich

    das Netz

    doch an den Nagel

    hängen!

  11. Ruth says:

    weisst du noch
    wie wir gegen winde kämpften
    und davon berichteten
    als ginge es
    um leben und tod?

    weisst du noch
    wie wir geschichten erdachten
    und auf dürftiger bühne
    um unser rollenleben
    spielten
    bis das der tod uns scheide?

    weisst du noch
    wie wir uns trösteten
    und gleich wieder zum weinen brachten
    wie wir fürchteten
    für immer im schrank
    versteckt nicht mehr
    gesucht zu werden?

    weisst du noch
    wie wir das leben übten
    wie wir den erwachsenen
    die worte stahlen
    im glauben
    dass das der ernst nun sei?

    weisst du noch
    wie wir uns hochschaukelten
    mit unseren gefühlen
    damit der schwung
    uns den blick freigab
    so nah am horizont?

  12. Kleiner Floh says:

    Mit Zucker,
    mit Kirschen, Erdbeeren und Apfelkompott.
    Viele leckere Pfannkuchen. Soviel wir wollten.

    Klein und schlank,
    mit schnellen Schritten lief sie uns davon.

    Zäh, stark, war immer für andere da
    und pflegte ihre Lieben.

    Die gesunde und nicht alternde Frau.

    Kippschalter.

    Zebrechlich, schwach und hilflos.
    Krankheit bleibt ein Begleiter.

    Die Erinnerungen, die bleiben.
    Meine liebe Oma.

  13. @sandrastrazzi says:

    Bei Sonnenaufgang
    sass sie auf der Hafenmauer
    und sah dem alten Fischer zu
    der seinen Fang in
    Kisten packte

    so, wie sie gerne
    ihre Gedanken in
    Ordnung gebracht hätte

    Und als er es beendet hatte
    wand er sich ihr zu
    sie sah in seine Augen
    aus denen er sie
    preis gab

    die Erinnerungen an
    seine Frau und
    ihre Mutter

    durch die sie
    zu einem Netz
    versponnen waren

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