kunstsommer: geschwätzige farbe und verstörtes reisen

die sonne geht auf und es beginnt heute bereits tag III des kunstsommers. auch wenn wir die zeit in unseren händen halten, verrinnt sie schnell, womöglich noch schneller. als luxus wird diese viele zeit von den teilnehmern empfunden. sich acht tage lang auf seine liebste beschäftigung einlassen, farben stehen lassen, fotografien erarbeiten, an worten feilen zu können, ist ein schatz. ein abseits des sonstigen.

tag II: wir lesen und erarbeiten uns texte. lesen: meist die amerikaner oder manche briten. schreiben: die ersten wortzusammenstellungen und gedanken, die sich fügen. und dann das vorstellen und aufgreifen weiterer ideen. wir bleiben beim sehr konkreten und alltäglichen gegenstand und gehen von dort weiter. eine gute übung, ein geschärfter blick auf das unmittelbare.

mittags das erste werkstattgespräch mit einem bildenden künstler. martin tom dieck erzählt über bilderzählungen. der unterschied zwischen erzählung und geschichte, die regularien einer fünferfolge, die vorliebe für schwarz und weiß, die hand, die frau, ein gruppenbild. es sind bilder, in die man sich hineinarbeiten muss. und aus denen man mit geschärftem blick hervorkommt. er spricht über das verhältnis von text und bild und warum man sich nur auf das eine oder andere konzentrieren kann bei einer gewissen menge. es sind interessante aussagen. zum nachdenken und mittragen. und zur farbe lese ich dann wenig später, dass robert häusser tot sei und er farbe als geschwätzig empfunden habe. wie passend. synchronizität der farbenlehre.

abends die lesung mit kathrin röggla. faszinierend wie vielfältig ihr arbeiten ist, wie schön, dass es nicht nur der „platte“ roman ist. auch hier das suchen und finden des abseits, das die normale welt aufwühlt. reisen, das verstört und verschreckt und ganz und gar nicht nur bildungsbürgerlich daherkommt. sich manifestiert in einem rückwärtstagebuch und mut macht, sich dem verstörten anzunehmen und es zuzulassen in einem bearbeiteten kreativen prozess.

vor dem schlafengehen noch wunderbare zitate von wallace stevens lesen, die jan wagner uns ausgehändigt hat. sie mit der timeline teilen, damit auch andere diese äußerst klugen sätze genießen können. wie etwa „der dichter macht seidenkleider aus würmern.“ oder: „genau beobachten bedeutet genau denken.“ oder auch: „originalität ist eine flucht vor der wiederholung.“

ein zweiter tag. genussvoll. inspirierend. dankbar.

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