#frapalymo 16mai15: sonntags in berlin

vor gobelinsofakissen und hinterm nierentischchen aus
kirsch mit umlaufender aluumrandung
sitzt frau p. und wartet

frau stein ging bereits ein und aus und stellte
noch vor ihrem ableben die frage nach der frage
während andere vom kaliber ihresgleichen länger blieben

ein salonnachmittag lang rankte das gespräch
um die verlorenen künste wuchs über
die verständnisköpfe hinaus und schlug wurzeln

woanders
im allgemeinen

der staub
des neuen blieb unangerührt und das dagewesene
sonnte sich im licht einfach verglaster fensterscheiben
hinter denen frau p. sitzt und wartet

 

das ist gedicht no. 16 von frau paulchen für den #frapalymo, und der impuls lautete „salongeflüster“

30 tage, 30 gedichte, no excuses (+1): wer beim #frapalymo mitmachen mag, kann dies entweder für sich tun und die impulse für die eigene schreibstube nutzen. oder im unten stehenden kommentarfeld seinen blog/webseite verlinken. oder das gedicht selbst über das kommentarfeld hochladen. oder auch einfach sonst einen kommentar hinterlassen. ähnlich über twitter mit link und kennung #frapalymo und @FrauPaulchen

33 thoughts on “#frapalymo 16mai15: sonntags in berlin

  1. kopf an kopf rauchend
    verflüstern wir uns
    die unterhändler der künste
    gedanken gegoren
    im wolkenzimmer
    pläne entfalten
    an winzigen tischen –
    wir trinken und trinken
    von kippelndem glas
    mein letztes hemd
    ist aus kunstpelz
    zu warm und zu kalt
    zerschneidet die luft
    mir die lunge –
    dein zungenlaut rauscht
    in den ersten zug
    dieses morgens

    • Zeitlos, macht in meinem Kopf Bilder von Otto Dix und Co, in meiner Nase Zigarettenqualm, und in den Ohren leise Kurt Weill.
      Und das am frühen Morgen!
      In meinen Augen ein großer Wurf.

    • Gerda Steger says:

      Schön zu lesen deine Gedichtzeilen, liebe Marlies, hinter denen das Salongeflüster weiter nachklingt, und die „gedanken gegoren im wolkenzimmer“ sich auch auf den Leser übertragen: ein Weiterwortspinnen kaltwarm.

      • Gerda Steger says:

        Dem schließe ich mich an, und finde diesen Zeitsalon lyrischer Dialoge auch viel interessanter und nicht verstaubt. Wir sind gerne Gäste deines Salons, liebe Sophie! Dein Gedicht spricht mich sehr an, es hat auch eine meiner Lieblingsgestalten – Frau v. Stein – ins Bild geholt. Bin gespannt auf weiteres Salongeflüster….

        Gerda

  2. Rike says:

    Vor der alten Bücherwand

    In meinem Salon wispern Zimmerpflanzen
    miteinander, raunen Krimihelden, flüstern alte Ladys
    sich und uns Gedichte und Geheimnisse
    zwischen Scones und Tee und Lavendelduft zu

  3. Gerda Steger says:

    Hallo Ule, wie beschwingt schön dein Salongeflüster mich erreicht! Es ist dir nicht nur ein wohlklingendes Sonett gelungen, auch etwas Lokalkolorit ins Bild einzuflechten. Lass uns auch Champagner trinken und über Gott und die Welt weiter reden!

    Gerda

    • Das war nicht so streng abstinent gemeint, liebe Gerda. Sonst würden Rikes geheimnisvoll angestaubte Krimihelden ja auch das Lokal wechseln, und das wär schon schad.

      • Gerda Steger says:

        Hallo Ule, mein Gedankenbild von „verstaubt“ bezieht sich auf die belanglosen Salongespräche über das, was auch in Marlies Gedicht angedeutet wird („Pelze, oder sonstiges wie Schmuck, Klamotten etc.) – eben wie es in solchen Kreisen von „Sehen und Gesehen- werden“ oftmals üblich ist bzw. war.

        • Findest du nicht, dass auch auf Rikes Zimmerpflanzen unausgesprochen ein leichter Staubhauch im fahlen Sonnenlicht flimmert, das durch die Spitzengardinen fällt?

  4. roteFrau says:

    ClaviCut,RazorBob,sleek,waves,semipermanent,treatment,lowlights,PromiSpliss,red-carpet-press,blk oder Kaffee,Salongespräche2015

    :Ein Schelm, der Böses dabei denkt
    Euch einen sonnigen Salon -Sonntag

  5. Gerda Steger says:

    atmosphäre

    atempause
    das herz im lichter-
    tanz wenn worte fließen und
    gedanken mäandern im
    kreislauf der bilder
    verlierend sich wiederfinden
    die augen kunst_geladen
    feuer sprühen herz-
    töne der anderen
    erreichen alle zwischenuns-
    räume sinnlich sinn-
    voll glühen
    wenn zu gast die muse
    uns liebflüstert
    im salon

  6. Eine dichte Atmosphäre zeichnest du da, liebe Gerda, und was für herzerwärmende Wortschöpfungen: „liebflüstern“ und „zwischenunsräume“ – wunderbar.

  7. Gerda Steger says:

    Danke, Ule, das freut mich sehr! Atmosphäre belebt und verzaubert – und ein Literatursalon wird von entsprechender Atmosphäre getragen.

  8. elbée says:

    réception*

    es gibt canapés
    auf die wir uns setzen
    und welche die wir verspeisen
    des murs et des murmures
    chuchotent**
    dazu ein glas das klingt
    gespräche die plätschern
    so vor sich hin
    quels secrets délicieux***

    elbée
    ___________________
    *empfang
    **mauern und murmeln
    flüstern
    ***welch köstliche geheimnisse

  9. communication 3.0

    verhobene träume säumen
    in virtuellen räumen
    menschen ohne gesicht
    kein name pflicht
    nur flüstern und raunen
    einsam allein
    verlogenes staunen
    wer kann das sein

  10. philosophina says:

    Teesalon des Lebens

    warum sagst du es nicht
    sprichst es nie laut aus
    Angst vor Mitleid, Lachen
    Angst vorm Leben?

    traust dich nicht einmal
    zu flüstern ganz leise
    wie erstarrt, ertappt
    der vermeintliche Makel
    gut versteckt

    so sitzt du ganz allein
    mit der Tasse vor dir
    und dem Keks in der Hand
    im Teesalon des Lebens
    Stören verboten

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