kunstsommer-rückblick 6. august: unsere lesungen

wie unterschiedlich unsere gedichte, unsere stile in der gruppe sind. das ist gut so und sehr spannend. ich wäre vermutlich enttäuscht, wenn wir alle die gleiche sprache, den gleichen ton, die gleiche form hätten. aber so gibt es ein gutes ergänzen, abwechseln und inspirieren. zu viel gleiches wäre ja auch keine neue inspiration für das eigene, aber diese gefahr laufen wir nicht.

gestern haben wir gelesen gesprochen vorgetragen. wir sind nahezu durch, drei müssen heute noch. ich war gestern auch an der reihe. und natürlich, wie das so ist, wenn man wenig übung in etwas hat, läuft es nicht ganz so rund, wie man es sich vorstellt. da ist die stimme nicht für eine lesung trainiert, kann dem gedicht und text damit vielleicht noch gar nicht so gerecht werden – im hinterkopf natürlich immer die wunderbare und fantastische performance von nora gomringer. das erdet dann im resultat des eigenen. unsere lesung sollte mit einem abcdarium über uns als lyriker starten. das war eine der schreibaufgaben vom ersten tag. enden sollte die lesung mit einem text, der aus antworten auf fragen besteht, die wir uns am tag zuvor spontan notiert und dann zu einem text verarbeitet sollten. dazwischen eigene texte. ich denke nicht, dass ich auf ganze 20 minuten kam. dazu sind meine texte auch meist sehr kurz, und zu viele hintereinander zu nehmen, erschlägt. so erging es mir zumindest auch bei ein paar anderen, die gelesen haben. weniger ist mehr, und dennoch wird der stil der einzelnen personen deutlich genug für eine einschätzung.

ich hätte die gedichte jeweils zwei mal lesen sollen. das wird durchaus eine lektion sein für das nächste mal. gerade auch bei meinen kurzen oder überlagerten texten. ein teilnehmer hatte seine texte kopiert und mit ausgeteilt, da er auch wert auf das schriftbild legt. und auch das könnte eine idee sein. das feedback ist insgesamt noch zurückhaltend. nora gibt uns gerne noch vier-augen-feedback, aber in der großen runde war kaum zeit für intensiven austausch, dazu mussten wir auch zu schnell durch die einzelnen lesungen.

dinge, die ich behalten habe: bei „fruchtige morgendämmerung“ beginne ich den kurzen text mit „satt fällt das licht vom vortag durch die bepollten scheiben“ – was ein starker anfang ist, aber auch eine ermahnung von nora, auf die anfänge zu schauen, da sie bei mir oft sehr stark sind, und ein gedicht ja durchaus auch gebauen sein darf. Interessanter aspekt, dem ich mal nachgehen, nachlesen, anschauen werde und bie mir prüfen muss. eine andere rückmeldung war, dass ich in meinen petit poème en prose mitunter poetische sprache verwende, während ein prosatext eigenen regeln folgt und dann mitunter das poetische den leser oder zuhörer herausreißt, zumal es unvermittelt und einzeln erfolgt. auch das ein aspekt, dem ich noch weiter nachgehen muss und bislang vermutlich zu wenig beachtet habe. eine dritte rückmeldung war, dass der folgende schluss „nimmt mein blick die erinnerung eines mandelbaums mit“ eine teilnehmerin irritiert hat, weil ein blick keine erinnerung mitnehmen kann, da diese erst zeitlich nach einem blick erfolgt. das ist nun wiederum etwas, das ich für mich in meinen virtuellen papierkorb werfe. wenn ich mir diese freiheiten in der sprache nicht nehmen darf, ist das verdichtete oder das lyrische nicht interessant für mich.

für meine angedachte ausstellung mit texten und gedichten bin ich bereits auf gute weitere ideen gestoßen. das ist prima. und beim zuhören der anderen bin ich mir auch wieder bewusst geworden, dass ich mich einfach intensiver mit anderen formen und auch wieder mehr mit den figuren der antike, ihren geschichten, ihren göttern beschäftigen muss, um daraus das zu schöpfen, das mir dann für mein eigenes dichten nahe liegt. reime, stelle ich nach wie vor fest, sind nichts für mich – weder beim hören noch beim eigenen lesen. das ist etwas, auf das ich gut verzichten kann.

jetzt noch zwei kurze texte, die gestern morgen bei einer schreibübung zu musik entstanden sind. jeder hat von nora ein wort zugesteckt bekommen, und zu zwei musikstücken sollten wir zum gleichen wort/thema einen kurzen text schreiben.

heute I
ein erwachen am morgen
die eindrücke liegen neben mir im bett
zwei kuhlen im kissen
verrückt
warten wir beide
in beobachtung des anderen
auf das heute

heute II
noch gestern war das
heute ein morgen ein ver
sprecher der nicht
korrigiert werden kann

keine glorreiche literatur, die in die weltgeschichte eingehen wird, aber entstanden innerhalb weniger minuten. dafür passabel…

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