#frapalymo 21nov18: im zwischen

im zwischen

den flur entlang an kahlen wänden vorbei
links türen rechts türen ein paar fenster
zählte sie
alle verschlossen sie könnten sich öffnen
wenn man es wollte
sie wollte nicht ging weiter
zählte zwischentürenwände und
zwischenfensterwände
eins tür zwei tür drei fenster vier tür fünf fenster sechs
es waren elf elf wände
weiß ungeschmückt bilderlos
am ende des flurs
blieb sie stehen drehte sich um ging zurück
stellte sich vor die fünfte zwischentürenwand
wurde stillleben

 

 

das ist gedicht no. 21 von frau paulchen für den #frapalymo, und der impuls lautete „she lives the poetry she cannot write“, ein zitat von oscar wilde. ich bin nicht sicher, ob mein text nicht eher den titel tragen sollte: „she lives the painting she cannot paint“… egal! ich freue mich auf eure wilde’schen verdichtungen und interpretationen!

30 tage, 30 gedichte, no excuses: wer beim #frapalymo mitmachen mag, kann dies entweder für sich tun und die impulse für die eigene schreibstube nutzen. oder im unten stehenden kommentarfeld seinen blog/webseite verlinken. oder das gedicht selbst über das kommentarfeld hochladen. oder auch einfach sonst einen kommentar hinterlassen. ähnlich über twitter mit link und kennung #frapalymo und @fraupaulchen

48 thoughts on “#frapalymo 21nov18: im zwischen

  1. Rona Duwe says:

    Sie sitzt
    eingesunken
    in einen roten Sessel.
    Sie hält
    ihre Hand
    in der Hand.
    Sie hat
    alles gesagt
    gerufen
    geschrien.
    Jetzt ist
    Stille.

    Und er
    weint.
    Und er
    fleht.
    Nachdem er
    sie wieder mal
    angeschwiegen,
    erniedrigt,
    Aussagen
    verdreht,
    ihr Kind
    geschlagen
    hat,
    statt sie.
    Denn ihr
    gilt das.

    Sie weiß,
    das ist der
    Wendepunkt.
    Sie weiß,
    es geht nie zurück.
    Nur weiter.
    Sie muss
    stark sein.
    Sie muss
    die Zügel nehmen
    in beide Hände
    und weit fort.
    Sie muss
    schützen,
    halten,
    tragen.
    Obwohl sie selbst
    am meisten
    Schutz bräuchte.

    Momente der
    Klarheit.
    Wie Kristall
    knistert die
    bittere Zukunft.

    • Rona Duwe says:

      Ich musste noch ergänzen:

      Sie sitzt
      eingesunken
      in einen roten Sessel.
      Sie hält
      ihre Hand
      in der Hand.
      Sie hat
      alles gesagt
      gerufen
      geschrien.
      Jetzt ist
      Stille.

      Und er
      weint.
      Und er
      fleht.
      Nachdem er
      sie wieder mal
      angeschwiegen,
      erniedrigt,
      Aussagen
      verdreht,
      ihr Kind
      geschlagen
      hat,
      statt sie.
      Denn ihr
      gilt das.

      Sie weiß,
      das ist der
      Wendepunkt.
      Sie weiß,
      es geht nie zurück.
      Nur weiter.
      Sie muss
      stark sein.
      Sie muss
      die Zügel nehmen
      in beide Hände
      und weit fort.
      Sie muss
      schützen,
      halten,
      tragen.
      Obwohl sie selbst
      am meisten
      Schutz bräuchte.
      Obwohl sie
      ihn noch liebt.

      Sie muss
      dieser Liebe
      den Raum nehmen.
      Sie muss
      es aus sich heraus
      schneiden.
      Sie muss
      aufhören zu fühlen.

      Momente der
      Klarheit.
      Wie Kristall
      knistert die
      bittere Zukunft.

  2. Meernotizen says:

    In der Nacht
    und am Meer
    nimmt sie sich
    an die Hand,
    wenn niemand hinsieht,
    wenn sie für sich ist
    und den alten Mantel
    ablegt,
    dessen Farbe verblichen ist,
    dessen Ärmel zu groß und
    dessen Knöpfe längst
    abgefallen sind,
    aber dessen Geruch
    sie daran erinnert,
    dass die Vergangenheit
    nicht vorbei ist,
    die Zukunft aber
    einen Anfang
    gepflanzt hat,
    in der sie erblüht.

  3. Gerda Steger says:

    unbeschreiblich

    dieser Duft einer blauen Blume
    der sich verflüchtigt
    ins Herz ihr steigt

    sie lächelt un
    vergleichlich dieser Duft
    zeitentlang als Essenz
    ihr bleibt seit damals:

    hinter den Klassenfenstern Sterne
    fielen Bilder glühten und Worte
    auf ihrem weißen Papier

    sie lächelt wieder
    immer wieder Tränen
    schwer ihr Blick

  4. @Maremmafotos says:

    Ausblicke
    wie hinter Glas
    Poesie vergangener Kulturen
    nicht greifbar
    nicht zu beschreiben
    wortlos
    lebt sie im Zauber der Geschichten

  5. Benn bannt die Dichter in die Stuben
    Descartes macht Wirbel
    Armstrong kleine Schritte
    .
    „Bruder Mond!“
    „Fra Aquinatus?“
    „Die
    Traubenkirsche verblüht
    und meine Träume sind handwarm.“
    .
    „Thomas, Ungläubiger!“

  6. yumami says:

    als circe tändelte sie durchs leben
    betörte und zerstörte viele seelen

    als dämon irrt sie durch die nacht
    ihr mund formt einen stummen schrei

    als irrwisch tanzt sie über gräber
    ihr fuss berührt die erde kaum

  7. Domplatz zu Dublin

    Auf nackten Füßen tanzt sie um den Platz
    ihr fadenscheinig Kleid, es schwingt
    bis auf die Katzenköpfe unten.
    In Glockentöne weit von oben
    mischt sie den eigenen Gesang.
    Das blaue Augenpaar so klar,
    das Lächeln fest –
    und Winterblüher hält sie feil
    und kann ein jedes bei dem
    Namen nennen.
    In Mengen johlen Kinder
    um sie her, die aus den Lehranstalten,
    in denen sie kaum Leben lernen,
    einem warmen Heim zustreben.
    Sie hat die Schule nie gekannt.

    Dann trüben manchmal
    Tränen ihre Augen
    und ihre Lippen tragen Blau.
    Sie kauert sich ins Eck
    der breiten Treppenstufen
    hält ausgestreckt den vollen Blumenkorb,
    empfängt vom Mitleid ein Stück Brot –
    vielleicht.
    Auch heute wartet sie nur
    auf den einen,
    der wortgewandt ihr Bilder malt
    und kleine Pergamente ihr verehrt
    mit Zeichen voll, die sie nur träumen kann.
    Das macht sie satt.

  8. roteFrau says:

    ‪Wörter fein gemahlen zwei und ein oder ein Löffelchen Esprit durchgemixt und gut geknetet ausgerollt eine süße Plauderfüllung gebacken mit Puderzuckerschnee bestäubt…gelebte Poesie ‬

  9. Stephanie says:

    Liebe Sophie ,

    Deine Impulse sind echt speziell und wunderbar. Impulse wie dieser (oder der Locher) versetzen mich meist zuerst in Schockstarre (“ unmöglich“) “ – nach einer Weile jedoch verleiten sie meine Synapsen zum freien lustvollen Spiel ! Danke dafür und auch für die schönen Gedichte, die Du uns schenkst.

    Bei mir gibt es zwar zur Zeit schöne Pirouetten, doch wenig Stille Töne,, weshalb ich nur ab und an was beitragen kann, jedoch alle Beiträge genieße. Lieblyrische Grüße von Stephanie

    • liebe stephanie, vielen lieben dank für diese feine rückmeldung. es freut mich, wenn die impulse zunächst erstaunen, dann freisetzen. ich genieße die vielen feinen textgeschenke und habe selbst zu danken. schön, dass du trotz deiner zahlreichen pirouetten auch immer wieder hier eine runde drehst. lieben gruß zurück. sophie

  10. von @tauscher57:

    vom wind getragen
    ein kurzer moment aufeinander

    nachdenklichkeit mit poesie
    beim betrachten kommt auf

    beim nächsten Windstoß
    fliegen sie davon jedes Blatt für sich

  11. blaue Tinte fließt
    tröpfelt hervor
    zwischen leeren Seiten

    blaue Tinte
    tropft
    verwischt
    löst sich auf
    in Wohlgefallen
    im wässrigen Nirgendwo
    blaue Tinte
    fließt
    nichtgedachte Wörter
    wahrlos
    blau verblasst

  12. Still werden
    sehen hören suchen
    zwischen den Zeilen
    hinter den Dingen
    die Stille im Schrillen
    das Langsame in der Eile
    die Not hinter der Maske des Lächelns
    die Verletzlichkeit unter der Rüstung
    das Unsagbare
    (auf)spüren wollen
    in Worte fassen
    wie ein wertvolles Schmuckstück

  13. @philosophina says:

    seitenweise
    beschriebenes Papier
    alles muss raus
    aus ihrem Hirn
    verweilt
    verstaubt ungelesen
    das ist alles
    was bleibt
    Zeilen und Reime
    überdauern die Zeit
    Leben kannte sie nicht

  14. von @gedankentaenze:

    Wir gehen zusammen
    Meine Gedanken neben mir
    Meine Worte zwischen uns
    im Atemraum
    erreichen nicht
    das Herz in dir
    Mit jedem Schritt
    hörbare Stille

  15. von @justme_hh:

    sie wollte zeigen
    was sie sah
    all die Farben
    all die Details
    Kleinigkeiten

    Momente wie
    eingefroren so klar
    wunderbar erlebt
    in all ihrer Fülle

    unzählige, viele
    jeder einzigartig

    Wie nur ließ sich es sich beschreiben?
    Sie hatte nicht genug Worte.

  16. @lose_gedanken says:

    Du kannst allem
    einen Namen geben.
    Menschen, Orten, Gefühlen…

    Doch Sichtbarkeit im Ganzen
    braucht mehr als bloße Buchstaben, Silben, Worte, Bandwurmsätze…

    Und es wird immer
    ein Versuch bleiben.
    Nicht mehr. Nicht weniger.

  17. von @springvogel:

    Sonnen gehen auf in ihren
    Augen und Schiffe gehen
    unter dem Saum ihres Kleides
    streichen ihre Fesseln Milch
    und Honig in den Tag eine
    Spur Sternenhimmel folgt
    dem Schwingen ihres makel
    losen Rückens wenn sie geht
    mit dem Wort Analphabetin
    Hand in Hand.

  18. von @nichterfasst:

    Einmal lief sie barfuß davon
    Über eine Landschaft aus Schnee
    Spürte die Kälte unter den Füßen
    & tanzte ihren Wintertraum
    Wirbelnde Flocken
    Pirouetten aus kaltem Weiß
    Zog Schneespuren leicht
    Zehenspitzend über die Landschaft
    & tanzte & drehte & tanzte –
    ein Gedicht

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