#frapalymo 27mai15: einsam

wenn die nacht durch die straßen zieht
von schiefen dächern tropft

spielen meine gedanken

in blauen chinesischen gärten
vor heidnischen tempeln
zwischen geriffelten säulen in weiß

sie tanzen mit gelbvioletten krokussen im haar
ihre füße benetzt durch tauperlen im gras

wie leicht meine gedanken

wenn menschen die lichter gelöscht
die stadt still

lachen sie

 

das ist gedicht no. 27 von frau paulchen für den #frapalymo, und der impuls lautete „übersetzt, verdichtet, nachdichtet ein gedicht“. ich habe als ausgangstext ein gedicht von amy lowell gewählt und zwar „solitaire“.

30 tage, 30 gedichte, no excuses (+1): wer beim #frapalymo mitmachen mag, kann dies entweder für sich tun und die impulse für die eigene schreibstube nutzen. oder im unten stehenden kommentarfeld seinen blog/webseite verlinken. oder das gedicht selbst über das kommentarfeld hochladen. oder auch einfach sonst einen kommentar hinterlassen. ähnlich über twitter mit link und kennung #frapalymo und @FrauPaulchen

17 thoughts on “#frapalymo 27mai15: einsam

  1. Puh, sehr ungewohnt für mich!

    .

    blaubart

    hier! hast du den schlüssel zurück
    ich will nicht länger
    in blaubarts gehäuse schauen müssen –
    es begann mit uns ganz zärtlich, ja, aber
    jetzt möchte ich den schlüssel loswerden.
    in der dunkelkammer deines blicks
    spiegelt sich mein zerstrahltes herz
    ich sehe das bild meines abgetöteten körpers.
    hier, nimm endlich, endlich diesen schlüssel
    für blaubarts labor zurück.

    .

    Ich habe eine Übersetzung von Sylvia Plaths Gedicht bluebeard versucht, allerdings ohne die i-Endungen einer jeden Zeile zu berücksichtigen. Das müsste man wahrscheinlich doch.

    • Ich finde die Nachdichtung gelungen. Oft endet der Versuch, auch Reime oder ähnliche Strukturmerkmale zu übertragen, in peinlichen Verrenkungen, die der Aussage eher schaden. Da finde ich es schon besser, im Zweifel darauf zu verzichten.

  2. Corinna says:

    In den Abend geneigt
    werfe ich mein trauriges Netz
    über deine ozeanischen Augen.

    Die Vögel der Nacht picken
    die ersten Sterne
    funkeln wie meine Seele
    wenn ich dich liebe

    Auf dunkler Woge
    galoppiert die Nacht
    blaue Federn fliegen
    über das Feld

    (nach Auszügen aus Pablo Neruda: Inclinado en las tardes…
    http://www.poemas-del-alma.com/poema-7.htm)

  3. Die Entscheidung fiel mir schwer, da ich Übersetzungen und Nachdichtungen liebend gern mache. Letztlich habe ich heute doppeltes Vergnügen gehabt:
    Orlando Gibbons „The Silver Swan“ mit Link zum Original dort:
    http://wp.me/p3Rppc-33
    Und das andere einfach hier:
    Übersetzung aus dem Koreanischen ins Englische von Suji Kwock Kim und Kim Kwock, aus dem Englischen ins Deutsche von mir:

    Taklamakan Wüste (von Ko Un)

    Warum ich in die Taklamakan Wüste gehe:
    die Leere dort.

    Warum ich in die Taklamakan Wüste gehe
    mit fünfundsiebzig und alle Worte zurücklasse: der Schrei
    der Leere dort.

    Warum ich in die Taklamakan Wüste gehe:
    Ich ertrage nicht mehr
    die Gier der Welt
    und meine.

    Dort, in der Taklamakan Wüste,
    das Schweigen eines tausendjährigen Schädels.

    http://www.poetryfoundation.org/poetrymagazine/poem/248980

  4. bob dylan „the times they are a changin“

    die flüsse treten über alternde straßen
    kritik enttarnt ihre eigenen phrasen
    die ordnung tobt die schlacht löst sich auf
    vergangene flüche verkaufen sich aus
    verlierer gewinnen
    gewinner verlieren
    die zeiten werden sich neu generieren

  5. philosophina says:

    Für mich war gleich klar, welches Gedicht ich verwenden würde, da mein Lieblingsgedicht (und das einzige, was ich auswendig kann) ein englisches ist, nämlich „Not Waving but Drowning“ von Stevie Smith. Hier nun meine deutschsprachige Interpretation:

    Vom Winken und Ertrinken

    seine Arme wurden schwer
    er war immer ein freundlicher Herr
    er hörte nicht auf zu winken
    bis zu seinem Ertrinken

    die Kälte des Meeres hat er nie gespürt
    doch sein Lachen ist erstarrt
    weil ihn schon lange nichts mehr berührt
    hat er sich diese Fassade bewahrt

    das hätten sie nie von ihm gedacht
    der freundliche Herr, der so viel lacht
    nie haben sie ihn ernst genommen
    immer weiter ist er hinaus geschwommen

    die Kälte des Wassers hat ihn nie gestört
    seine stummen Schreie hat nie jemand gehört
    nicht einmal jetzt wurde er ernst genommen
    wieder viel zu weit hinaus geschwommen

    für sie hat er die ganze Zeit nur gewunken
    durch ihre Kälte ist er schließlich ertrunken

  6. Versprochen
    war viel
    reiche Räume
    Lohn und – Sinn? –
    Erinnerung
    bleibt
    als weitere Qual

    (Anregung: VII. „Il n’y a pas d’amour ..“
    aus „HMT“ von Michel Houellebecq)

  7. Ich bin ein Nichts – was ist mit Dir?

    Ich bin ein Nichts – was ist mit Dir?
    Bist Du auch – sind wir –
    Dann ein Paar? Behalte es für Dich –
    Heiratsanzeigen mag ich nicht!

    Das ist so trostlos gewöhnlich:
    Wir zeigen an es vermählen sich …
    So wie Frösche – die den Juni über –
    Im Sumpfloch – quaken – immer wieder!

    I’m Nobody! Who Are You?
    von Emily Dickinson

  8. FrauFrog says:

    Moon Whales von Ted Hughes
    eher übersetzt als nachgedichtet

    Mondwale

    Sie pflügen den Mondstoff
    knapp unter der Oberfläche
    wölben sie die Mondhaut
    wie ein Muskel
    so langsam
    als wären sie ein Berg
    so selten atmend
    als wären sie ein Vulkan
    der Löcher in die Mondhaut sprengt

    Manchmal tauchen sie tief
    unter die Prärie der Mondes
    folgen der Magnetbahn
    der inneren Mondmetalle
    dass die Instrumente
    des Astronauten verrückt spielen

    Ihre Musik ist gewaltig.
    Jede Note hunderte von Jahren alt
    Jede Melodie ein Mond-Zeitalter
    singen sie sich endlose Lieder

    Unbewegt 
bewegen sie 
ihre bewegungslosen Massen

    ihre Augen 
geschlossen 
ekstatisch

  9. roteFrau says:

    draußen,Erde,Nachtwind,bekannt,deinName,Ton,Schlamm,Blume,verwurzelt,unsere Liebe,geboren,draußen vor den Mauern und ohne,Pablo?

    *Pablo Neruda our love was born…

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert