als ich neulich am bahngleis stand
auf den zug wartete und die passanten
neben mir standen summten wir gemeinsam
das lied der nomaden inneren heimatlosen hielten uns fest
an worten ohne bedeutung wie wir ohne richtung wie
andere ohne irgendwas fühlten uns ganz gleich
im sog der einzelnen
das ist gedicht no. 24 von frau paulchen für den #frapalymo, und der impuls lautete: „abgeschnitten“ – danke an dich, liebe esther, für die schöne vorlage!
30 tage, 30 gedichte, no excuses: wer beim #frapalymo mitmachen mag, kann dies entweder für sich tun und die impulse für die eigene schreibstube nutzen. oder im unten stehenden kommentarfeld seinen blog/webseite verlinken. oder das gedicht selbst über das kommentarfeld hochladen. oder auch einfach sonst einen kommentar hinterlassen. ähnlich über twitter mit link und kennung #frapalymo und @FrauPaulchen
Paradiesisch, idyllisch, still und menschenleer.
Völlig abgeschnitten,
aber doch in Mitten.
Eine kleine einsame Insel im Meer.
Das nimmt dem Abgeschnitten sogleich den negativen Unterton und ersetzt ihn durch pure Freiheit. Wunderschön.
Dein Inselbild, Matthias, zieht auch mich in seiner schlichten Art an. Einfach schön, so ins Schwerelose gehoben zu werden, Stille und Freiheit spüren. Wahrlich da spielt das Abgeschnitten-Sein vom Rest der Welt keine Rolle mehr.
… da wäre ich jetzt auch gerne !
Liebe Sophie, dein „lied der nomaden“ geht mir unter die Haut, so einfühlsam schön! Abgeschnitten vom Rest der Welt und dennoch verbunden, geborgen sich fühlen, „ganz gleich im sog des einzelnen“. Ein kleiner Trost, der dir auch Kraft auf dem Weg gibt.
Schreibend stehen wir auch heute ganz mit dir verbunden. Dir alles erdenklich Gute mit viel Sonne auch im Herzen!
im Wattenmeer
den Stacheldraht
habe ich abgelegt –
neben die Strandastern
als die Hoffnung mich
herauslockte für den Moment.
da war eine Tanzfläche
ausgerollt für mich
bis zum Horizont
hast du mich vertröstet –
ich bin mit der Sonne gewandert
du hast mir Salz und Lehm
auf die Zunge gelegt
was soll ich auch sagen.
vielleicht hast du mich gewarnt
irgendwann vielleicht
als ich die Meeresschnecke
mir vor das Ohr hielt
um mich zu berauschen.
ich sehe die arglosen Wasser
in den Prielchen springen
meine Schritte singen hinüber
ob das die Flut aus Erinnerung ist
die meine Füße benetzt
meine Hände befeuchtet
und bald meine Stirn trifft.
ich kann nicht mehr denken
vor lauter Gegenwart –
sitze auf einer Insel zwischen
den Zeiten. die Hoffnung
ist eine Plastiktüte im Meer.
So stark wie dieser berühren mich Texte selten. So kunstvoll das Eine Bild durchgestaltet, so verdrillt mit der liebenden Selbsttäuschung, bis sie endlich aus dem Rausch erwacht, so todtraurig. Ich denke an Else Lasker-Schüler in der Tiefe dieser Hoffnungslosigkeit, an Hertha Kräftner auch – sogar aus deinen ohnehin anspruchsvollen Gedichten ragt dieses heraus.
Aus deinem lyrischen Text, liebe Marlies, sprechen so viele für sich stehende Bilder. Und eines schöner als das andere. Bin zuvor schon meherere Male lesend mit der Sonne auf deiner ausgerollten Tanzfläche bis zum Horizont gewandert, oftmals inne gehalten: Haltestellen des Lebens!
Allein schon die „Flut der Erinnerung“ als Bild lässt eine kleine Welt entstehen, und lässt auch den betrachtenden Leser vor diesen Wortbildern gedankenverloren, abgeschnitten von Zeit und Raum zurück. Das ist Wort- und Satzmagie!
Ihr Lieben, ich komme gerade nach Hause – und freue mich so, das zu lesen. Habt ganz herzlichen Dank.
Jeder Ast
auch der letzte
im Wipfel
der Halt und Hoffnung verhieß
abgeschnitten
und auf den Scheiterhaufen
geworfen verbrannt
in einer luftleeren Welt
Mit wenigen Worten so viel gesagt und dieses Zwischenzeilenlesen-Können zeichnet ein wehmütiges Lebensbild im Zeitfenster der Fortuna. Leichtfließende Zeilen, die mich berühren!
Herzlichen Dank, liebe Gerda.
Du trauerst noch um Deine Pappel, nicht wahr?
Ja, wahrscheinlich noch sehr lange, aber in diesem Gedicht ist sie nicht das Thema.
abgeschnitten
liebeswund, krank
das herz im tränennetz,
ohne seil die seele
wenn windausgesetzt sie
kein leuchtturm sieht,
wellenüberrollt augen stehen
fleht bewegtes blau:
amami! liebe mich!
im schattenfluss. zeit-
regen schlägt ins herz: zer–
fleddert. blut.leer!
Großes Gefühl, liebe Gerda, scheint gerade im Abgeschnittensein nach dem Meer zu suchen. Ich sehe die einsame Seele in Regen und Wind am Strand flattern.
Danke, liebe Ule, fürs tiefere Hineinlesen. Ja, die Seele flattert am Strand des Lebens, wobei ich ursprünglich mit „bewegtem blau“ in erster Reihe ein mehr (meer) von Liebe, bzw. Sehnsucht gedanklich verbunden habe. Blau ist ja auch die Farbe der Sehnsucht.
Ich komme nicht umhin, auch wenn es noch nicht soweit ist…
https://naturinsilben.wordpress.com/2016/05/24/dann-holt-der-bauer-sie/
Grüße durch den Regentag,
Silbia
Wieder mal setze ich von der technischen Seite an: mit der Kunst der Collage. Eine grafische Spielerei habe ich als Beitragsbild gebaut, in dem ebenfalls Tradition und Moderne technisch aufeinander treffen. Spuren sowohl der Schere als auch der GIMP-Software sind erkennbar.
http://wp.me/p3Rppc-oB
abSchnitt,Einschnitt,ab-ge-schnitt-en,oder hängen gelassen,einfach so,einschneidendes Ereignis,Schnitt,cut,verpasst…Leben eben
gefällt mir … hatte ähnliche Assoziationen, die sich dann jedoch verselbständigten 🙂
gebrüllte befehle grabschende hände feuchtes stöhnen
drängende menge flüchtende füsse enge wird angst
sprachloses entsetzen
der weise mandelkern
isoliert bilder und töne
trennt worte vom fühlen
so versprenkelt verliert das grauen an schrecken
partielles vergessen sichert das nackte überleben
und bewahrt doch die erinnerung
der letzte blick der mutter
ein kuß eine umarmung
der händedruck des vaters
Bilder und Erfahrungen, wie du sie beschreibst, lassen sich wirklich nur durch Abschneiden, Isolieren vom Leben ertragen. Ein sehr eindringlicher Text.
Tausch
Fernab der Städte, Autos, Lärm und Hetze,
fernab von Kabeln, Web und Dingen ohne Wert –
zeitloses Wandern unter dichten Bäumen,
das Ohr gewendet hin zum Wasserfall,
die Nasenflügel bebend, atmend in den Düften
zahlreicher Glockenblumen, Moos und Borke,
im Unterholz die huschenden Gestalten,
das schleichende Getier, ein Eulenschrei.
Abgetrennt von Dingen, seelenschwer;
sie wurden eingelagert, Stück für Stück.
Auch „fraupaulchen“* blieb zurück.
Nun bin ich wieder – ganz und gar –
im Hier und Jetzt und im Daheim.
*;o)
Liebe Margret, willkommen zurück!
Der Sturz aus der Idylle wird hoffentlich durch frapalymo sanft abgefedert. Verlernt hast du anscheinend nichts bei der Tauschaktion.
Liebe Ule,
danke für die Begrüßung – es ist schon ein „Kulturschock“ aus dem prallen Leben der Idylle in das der großen Stadt…..
Abgeschnittenes kann der Anfang von Schönem sein…
https://eulenschwinge.wordpress.com/2016/05/24/zopf-aus-gras/
Deiner Aussage stimme ich auch mit H. Hesses Worten zu: „Jedem Anfang woht ein Zauber inne“….
Ein schönes Bild: der geflochtene Zopf mit all den Alltagswidrigkeiten, den man einfach entsorgt. So wird mir dein Gedicht, liebe Anna, auch in dieser Hinsicht gewiss immer in Erinnerung bleiben.
… und Du hast immer so passende Fotos dazu – das heutige gefällt mir besonders gut !
Danke Euch, Gerda und yumami!
Manchmal ist zuerst der Text da und das Foto kommt dazu, manchmal ist zuerst die Bildidee da und der Text entsteht daraus.
von Wegen
und an der Weggabel
bleibe ich stehen
und trockne die Erde
Löwenzahn tanzt mit dem Wind
über schweigenden Gräbern
und winkt mir zu
und wurzelt irgendwo in der Ferne
und ich
reibe meine Augen
und werfe die Stiefel zurück
in die Vergangenheit
barfuß biege ich ab
und pflanze Blumen am Weg
und über den Bäumen
lächelt der Himmel mir zu
und Gestern liegt hinter mir
(c) Michael Hermann
https://kunstlyrikhermann.wordpress.com/
Es ist nicht immer leicht Worte zu finden, was mit Worten oftmals nie zu fassen ist. Dir, lieber Michael, ist es aber gelungen, das Unsagbare wortgerecht zu transportieren. So Vieles an Gefühlen wid sensibel in Naturbildern eingefangen. Die Schlusszeile bringt viel Licht ins Bild, man spürt regelrecht den erleichterten Atem der Natur: das bedrückend Erlebte hat sich zeitlich „abgeschnitten“. Fasziniert folgt man deiner tiefgründigen, leichtfüßigen Poesie.
Ich bin noch ziemlich unsicher, doch Deine Zeilen bedeuten mir sehr, sehr viel, liebe Gerda!
Lieben, herzlichen Dank!
überlegung [nicht ganz ernst] #frapalymo No.24 http://stachelvieh.de/2016/05/24/ueberlegung-nicht-ganz-ernst-frapalymo-no-24/
Überlegen
Lebenslang hielt sich die Erzählung
Vom Ballon
Du großer Bruder bandest ihn fest
An ihrem Handgelenk
Ihr gefiel aber nicht
Wie hoch oben er war der Ballon
Du solltest den Missstand beheben
Aber sie sah die Schere schneller
War schnell mit dem Schnitt
Durch die schön gespannte Schnur
Zu zweit schautet ihr ihm nach
Schreiend und kopfschüttelnd
Nun ist sie gegangen
Deine schnelle dumme Schwester
Und du fragst mich täglich
Was ist eigentlich mit ihr
Ich sage sie ist gestorben
Wir haben sie beerdigt
Dann schaust du durch mich hindurch
Als sähst du einem Ballon nach
Und dächtest nach
Ob es nicht geholfen hätte
Erst überlegen dann machen
… Seidenfältchen
https://traumspruch.wordpress.com/2016/05/24/seidenfadchen/
Toll, die Marionette zu befreien!
Mit Schmunzelgruß,
Silbia
Ja, sehr schöne Idee!
Nur du
Sie reden für dich
schneiden dich ab
von der Kommunikation
weil dieses eine Areal
in deinem Gehirn
abgeschnitten ist
von der Blutversorgung
schneiden sie dich ab
vom Erleben
Vielleicht
wenn du lachst
lachst du sie aus
weil nur du weißt
wie schön es kribbelt
wenn es in dir wimmelt
von Schnipseln
eigenständig
wundervoll
bunt
tonnenweise
Konfetti
Liebe FrauFrog! Ich staune, wie (und dass) auch über dieses Thema ein Gedicht entstand. Als mir der Impuls einfiel, dachte ich an ‚ohne Strom‘, ‚eingeschneit‘, ‚Flut‘, ‚Schlaganfall/Aphasie‘, ‚Bein ab‘ (einer Freundin von mir). Fast alles und noch viel mehr wurde hier eindrücklich bedichtet. Die wimmelnden Konfetti sind ganz wunderbar.
Danke, Esther. Ist gerade ganz stark mein Thema, sowohl privat als auch beruflich. Inspiriert auch durch „Konfetti im Kopf e.V.“, eine starker gemeinnütziger Verein in HH. Übrigens: 1,4 Millionen Menschen in Deutschland leben mit der Diagnose Demenz.
Danke für die Information zu „Konfetti im Kopf“; schöner Vereinsname.
von bee: http://beehalton.com/2016/05/english-frapalymo-poem-on-24may16.html
von @alilicj: https://worteausdemwunderland.wordpress.com/2016/05/24/der-alter-zopf/
von nortina: https://lovelycurses.com/2016/05/24/dialect/
von @downwrighter: https://schriftlicht.wordpress.com/2016/05/24/kleine-spitzen/