#frapalywo tag 1, text 1 – anfangszeile/geborgte worte

es sind genug worte in diesem raum

heute nacht bin ich unten beim ballast*
ich muss schauen wie es ihm geht
ob er leidet

heute nacht leiste ich ihm gesellschaft
wo wir gemeinsam jeder für sich
einander bedingen
im dunkeln

wir schweigen

es sind genug worte in diesem raum
es bedarf keinen weiteren

wir lesen sie puttelgleich
ohne licht
gemeinsam jeder für sich

denken
an den weg und die zeit

heute nacht
morgen früh

bin ich weiter

 

 

*kursiv: geborgt von tomas tranströmer aus „nachtdienst“

das ist tag 1, text 1 der #frapalywo zum impuls „gleiche anfangszeile für alle“. die anfangszeile lautet: „heute nacht bin ich unten beim ballast“ und stammt aus dem text „nachtdienst“ von tomas tranströmer. hauptthema der woche lautet „geborgte worte“. zu welchen neuen schreibweisen hat euch tomas tranströmer angeregt?

7 tage, 7 texte, 1 thema: wer bei der #frapalywo mitmachen mag, kann dies entweder für sich tun und die impulse für die eigene schreibstube nutzen. oder im unten stehenden kommentarfeld seinen blog/webseite verlinken. oder das gedicht selbst über das kommentarfeld hochladen. oder auch einfach sonst einen kommentar hinterlassen. ähnlich über twitter mit link und kennung #frapalywo und @fraupaulchen

44 thoughts on “#frapalywo tag 1, text 1 – anfangszeile/geborgte worte

  1. von @nichterfasst:

    heute nacht bin ich
    unten beim ballast
    heute nacht pin ich
    worte hoch an den mast
    heute nacht spinn ich
    netze über land
    heut nacht ersinn ich
    verse aus sand
    morgen erfleh ich
    spuren im sand
    morgen früh seh ich
    fische am strand
    morgen früh sterb ich
    ohne ein wort
    morgen verderb ich
    oben an bord

    • Gleich das zweite „Ballast“-Gedicht (das erste von Sophie wunderbar einstimmend!) so frei von jeglichen Beschwerden eines möglichen Ballasts in Zeilen gesetzt. Gefällt mir außerordentlich -wie ohnehin Bezüge zu Schifffahrt und dergleichen.

  2. von @springvogel:

    heute nacht bin ich unten beim ballast
    ast an einem baum, der, kaum dass
    auch nur eine einzige blüte ihn ziert
    schon giert nach grün und wolkenziehn
    unten, heute nacht, dort, wo ich bin und
    der tag ist ein wort auf meiner zunge
    liegt er und träumt, dass ich spreche.

  3. Rona Duwe says:

    Heute nacht bin ich
    unten beim Ballast,
    der mir am Schuh klebt
    und mich am Weiterlaufen hindert.
    Noch mehr liegt dort
    am Rand des Feldes.
    Ein bunter Haufen Kompost.
    Und jedes Mal bleibt
    beim Vorbeigehen etwas hängen.
    Der Duft nach früher.
    Der Rest einer Liebe,
    die auch im Welken noch so schön ist,
    dass ich sie fast ins Haus zurückhole
    und in die Vase stelle.
    Und die dunklen, schweren Dinge,
    die schon Erde sind
    mit etwas Schale
    oder alten Häuten
    und abgelegten Hüllen.
    Ein Haufen Erinnerung.
    Und Fragmente böser Worte,
    die den Lähmungs-Bann
    nicht verloren haben.
    Sie machen schwere Träume,
    aus denen ich morgens
    erleichtert erwache.

  4. von @katkaesk:

    Vielleicht liegt
    das Einsame
    zwischen Schlafzimmerbetten
    und der Erkenntnis,
    dass es nie
    wieder so werden
    wird wie früher
    damals
    als wir für unsere Zukunft
    auf die Barrikaden stiegen
    obwohl es
    Bahnhofsbetongeländer
    waren

  5. von @gedankentaenze:

    „Heute Nacht bin ich unten beim Ballast “
    versteckt in der hintersten Ecke meiner Herzkammern
    Tränengespült
    ausgehöhlt
    brüchige Steine
    Baue mein Seelenhaus
    gefüllt mit Sehnsucht

  6. yumami says:

    heute nacht
    wenn deine seele
    aufsteigt ins land der träume
    bin ich unten beim ballast
    hole dich zurück zur erde
    beim morgengrauen

    * heute nacht bin ich unten beim ballast
    geborgt von tomas tranströmer aus „nachtdienst“

  7. lose_gedanken says:

    „Heute Nacht bin ich unten beim Ballast“ (T. Tranströmer)

    Bei den Herzbriefen ohne Porto.
    Manche ungeschrieben.
    Empfänger unbekannt verzogen.

    Worte, zerstreut, zerlacht,
    zerlebt, zerliebt.
    Widerhaken, Ankerpunkte.
    Alle liegen sie auf Grund.
    Sind Grund.

  8. Gerda Steger says:

    einsicht

    „heute nacht bin ich unten beim ballast“ *,
    die flüchtende aus dem verletzten tag ich
    suche mich im dunkeln überall im

    kellerschacht da wachsen blutspuren gedanken
    messer unter hängenden wolken
    versteinert wie ein wasserfall
    die schwarze innenwand

    schmerzerfüllt der schrei meiner seele
    ins leere fällt: lichtsturz!
    der himmel schwankt
    nicht fällt heute nacht morgen über

    morgen hellt morgen stern
    mir den weg nach oben fern
    dem ballast aller alltagslast
    heute nacht er mich erhebt

    *Tomas Tranströmer, Anfangszeile seines Gedichtes „nachtsicht“

  9. Hina Artemon (@HArtemon) says:

    heute nacht bin ich unten beim ballast
    hatte ihn einst hier hinverlegt
    als jeder schritt verhindert war
    doch nun ist nur noch leere um mich
    und ich fühle nicht, wieso ich bin
    drum trete ich ein und wühle
    mit beiden händen
    in lodernden hoffnungen und schmerz

  10. von @tauscher57:

    Heute Nacht bin ich unten beim Ballast

    in der seele tiefsten Grund
    im traum der erinnerung versunken
    es hellte der tag
    als sie wichen
    und ich fand den schlaf

  11. Heute Nacht bin ich unten beim Ballast.

    Einst war er laut und schrill,
    bis ich ihn über die Brüstung
    meines Lebens warf, ihm nachsah,
    jubelte, als er – in tausend Teile zerspringend –
    am Boden zerschellte.
    Dort lagen sie –
    mahnend, fordernd.
    Sie waren so viele,
    waren schmale Schatten
    auf meiner Seele.
    Und mein Jubel ließ nach.

    Mein Gewissen, das sich wie
    das nun schweigende Gewicht
    in mir ausbreitet,
    ruft mich hinunter,
    zu sammeln und die Teile wieder
    eines ans andere zu fügen
    und mich erkennen zu lassen,
    was es einst war.
    Das Belastung hieß,
    von dem ich mich nun
    erst ganz und gar
    befreien kann.

        • wenn man html befehle kennt, kann man das direkt eingeben, yumami. wenn es besonders wichtig ist, muss ich es machen, aber texte sollten in der regel ja gut für sich stehen können (finde ich zumindest immer). und wenn eine leihgabe betont werden sollte (jetzt oder künftig), kann man das auch durch ein * kennzeichnen.

          • yumami says:

            Danke, liebe Sophie, bisher bin ich ja ganz gut mit dem * hingekommen – doch heute war das Zitat zweigeteilt in meinem Gedicht enthalten – deshalb meine Frage 🙂

  12. Stephanie says:

    Recycling

    Heute Nacht
    Bin ich unten
    Beim Ballast.
    Ungesehen ,
    Alleinsam.

    Nur der Mond
    Die zarte Sichel
    Steht mir bei.

    Ich wühle
    Im Kompost
    Nach alten Zeiten
    Und jungen Lieben.

    Und finde in
    atmenden
    Zwischenräumen
    Sehnsucht
    und Hoffnung.

    Die packe ich ein
    Nehme sie mit
    Nach oben ins Licht
    Zum neuen Tag.

  13. Heute Nacht bin ich unten beim Ballast*
    sage ihm Adieu
    Die Puppe, der ein Auge fehlt
    Wenn sie noch da liegt
    zwischen den zerrissenen Fotos
    den zerfledderten Blättern
    den zersägten Rahmen
    den zerbrochenen Tellern
    den zerlegten Regalen
    den zerfetzten Teppichen
    Wenn sie noch da liegt
    nehme ich sie wieder mit hoch
    vielleicht
    lasse ich sie auch liegen

    © Sargantanasal

  14. Heute Nacht
    bin ich unten beim Ballast
    In dunkelsten Träumen
    pflüge ich die Vergangenheit um
    An des Kindes statt
    kämpfe ich gegen Alp und Mahr
    und gegen Seeungeheuer
    die uralte Abgründe öffnen
    versuche das Grauen zu lösen
    die Angst zu vertreiben

    Wie lange noch
    bis ich endlich frei davon bin

    _____________________________________
    https://poesiafragile.de/heute-nacht/

  15. Ulrike says:

    Ach nein, jetzt ist es zweimal drin – beim 1.Mal sah es aus, als wollte es nicht… Bitte entschuldige, liebe Sophie – magst du das zweite wieder löschen? Danke vielmals!

    • ich musste dich das erste mal freischalten, deshalb kam es zu einer verzögerung. wenn es nicht sofort drin ist, einfach bitte kurz warten – dann hat sich der beitrag im spam verfangen. danke.

  16. heute nacht bin ich unten beim ballast*

    ich sind ich und ich

    in der ecke

    wo es nach moos riecht und nach bio stinkt

    wir zwei, ich und ich,

    sitzen händchen haltend

    obendrüber

    ergiessen sich die äste

    des nachbars feigenbaum

    *kursiv: geborgt von tomas tranströmer aus „nachtdienst“, parole prese in presito e liberamente tradotte (da me).

    stanotte io sto giù con la zavorra*

    io, siamo io ed io

    nell’angolo

    il quale odora di muschio e dove c’è olezzo di marciume

    noi due, io ed io,

    ci siamo sedute

    tenendoci per mano

    sopra

    si riversano addosso a noi

    i rami del fico del vicino

  17. @philosophina says:

    heute Nacht bin ich unten beim Ballast
    hänge schwer an Gedanken
    fasse immer wieder nach
    träume mich leicht
    doch am Morgen werde ich wach
    mit Blei an Kopf und Gliedern
    immer wieder immer wieder
    gedankenschwer und wach
    hält mich unten der Ballast

  18. heute nacht bin ich unten beim ballast. die
    firmamente ausgetauscht der zeit ein schweigen abgerungen
    du spielst ein kaltes lied

    die bilanz eines halben lebens
    dreihundert zeilen, erstnotiz. deine leuchtspur am horizont
    des schwindenden tages. mit festem blick

    erklärst du die notwendigen schritte
    die handgriffe im halbdunkeln, das gegengewicht der zeit
    heute nacht bist du unten beim ballast.

    https://barcelonalien.wordpress.com/2019/02/02/frapalywo-1/

  19. von @giselheid22:

    heute nacht bin ich unten beim ballaststoffreichen tunnel
    dem übergang zum rattenland mein untergang
    ein griff in feinen fummel
    ich falle tief aus einer hand
    komme nicht weit ins unbekannt
    zerfalle ins uferlose
    war nur
    ein taschentuch aus zellulose

  20. Heute Nacht bin ich
    wieder einmal
    wie oft und zu gerne
    unten beim Ballast*
    kurz sollte es sein
    wie immer
    die Tür blieb angelehnt
    doch ein Wort gab
    das andere
    zuletzt saßen wir
    auf den Stufen
    dann doch
    bis zur Amselzeit

    („Heute Nacht bin ich unten beim Ballast“
    geborgt von Tomas Tranströmer aus „Nachtdienst“)

  21. Heute Nacht bin ich unten beim Ballast
    Mangelernährung, Zahnverlust. Kein schöner Anblick, wo bin ich nur gelandet
    Rhetorische Frage, nicht antworten, ich weiß es selbst
    Alles dunkel, ich will hier nicht lange sein
    Zecken aus getragenen Träumen sitzen auf Armen, die niemandem mehr gehören
    Altes wird hier schlammig gesogen, zwischen Wangen hin und her gerollt
    Das, was oben nach etwas aussieht, ist hier nichts
    Und so auch ich
    Ich löse mich hier unten auf und verliere alles von damals bis heute und sehe zu, wie-

    https://jesstartas.wordpress.com/2019/02/03/tag-1/

  22. heute nacht bin ich unten beim ballast
    in tauen muster strickend und suchend
    wie je wie immer schon
    in unruhe neuer gestalt
    ein schmerz
    angebunden ich – dich
    lösend mich – du
    es reißt
    uns hinauf
    wir

  23. elbée says:

    heute nacht bin ich unten beim ballast
    im kellergewölbe
    wo er sich in die winkel schmiegt

    er braucht meine gesellschaft
    damit er nicht
    schwerer und schwerer wiegt

    damit mein heißluftballon
    in die schwebe kommt
    und eben so über das luftschloss fliegt

    ach er fürchtet sich so vorm abwurf
    gelähmt von höhenangst
    die uns beide in der schwebe besiegt

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