reisen
mein körper ist eine landkarte geworden, mutter
als ich die welt sah sah ich mich
habe grenzen gezogen zwischen brust und kiefer
täler geschürft typografische merkmale katalogisiert
ich habe mit mir
freundschaftsverträge geschlossen
allianzen geschmiedet
und mich des öfteren
in einen exodus begeben
so bin ich weit und lang gereist
und war kein stück weg
und wenn du mich jetzt fragst, mutter
nach dem schönsten dem beeindruckendsten
meiner reisen
so kann ich dir sagen
dass superlative ein nichtwort* meines ichs
geworden sind
immer schon waren und
ich heimat im ich
nicht finden werde
ich jedoch mein heimwehgefieder*
anbehalte
nur für den fall
dass ich eines tages erde schürfe
*kursiv: geborgte wörter von hilde domin
das ist tag 6, text 6 der #frapalywo zum impuls der geborgten wunderworte von hilde domin. aus den folgenden wörtern von hilde domin konnte eines oder mehrere ausgewählt und in das eigene schreiben integriert werden: fischherzig, das nichtwort, traumvolk, klimawechsler, schwerefrei, befiedern, heimwehgefiedert. ich habe mich für nichtwort und heimwehgefieder (statt heimwehgefiedert) entschieden.
nun freue ich mich auf eure integrierten dominschen wunderworte.
7 tage, 7 texte, 1 thema: wer bei der #frapalywo mitmachen mag, kann dies entweder für sich tun und die impulse für die eigene schreibstube nutzen. oder im unten stehenden kommentarfeld seinen blog/webseite verlinken. oder das gedicht selbst über das kommentarfeld hochladen. oder auch einfach sonst einen kommentar hinterlassen. ähnlich über twitter mit link und kennung #frapalywo und @fraupaulchen
schlachtfeld #frapalywo No. 6 http://stachelvieh.de/2019/02/07/schlachtfeld-frapalywo-no-6/
Zurücksehnen
in diesen Zustand aus Licht
und heimwehgefiedert*
an diesen Ort zurückfliegen.
Den Schmerz in ein Duftetui betten
so dass er verweht
und Heimat findet,
ruhen kann.
Vergangenheit als diese erkennen,
Erinnerung gönnen
und nicht mehr Bilder
zerreißen müssen
in Altpapiertonnen.
Das jetzt schon sehr ferne Leuchten
ertragen können
als Möglichkeit eines Morgen.
Weil das Gefühlstalent wieder Räume fand
und atmen durfte.
Wünsche und Träume,
die lebten,
für ein kurzes Kapitel.
Drum ist das Sterben so bitter.
Das allein anerkennen
und schlafen.
Wie schön mich deine Zeilen berühren! Dein „Gefühlstalent“ überzeugt den Leser, spiegelt sich in Schreib(t)räumen wieder und atmet sich frei!
Danke, liebe Gerda. Dein Gedicht ist aber auch sehr schön.
Danke, liebe Rona, das freut mich sehr!
vernetzt
der tag welkt wie eine blume und
fällt mit dem blick der nachtvögel
heimgefiedert* ins leere
wie die zeit uns geißelt
das ungesagte spannt
zwischen wille und wunsch
zwischen gefühlsfieber und tränenschleier
zieht fischherzig* deinmeinsein
wie im flug dahin nicht
schwerefrei*
* kursiv: geborgte worte von Hilde Domin
Liebe Sophie, dein Gedicht wie aus einem Guss, spricht mich besonders an. Wundervolle Herzwortklänge! Chapeau!
danke, liebe gerda. es floss tatsächlich aus mir heraus. wollte wohl seinen platz auf papier finden… danke und lieben gruß. sophie
„[…] Das erste mal wir war‘n uns nah […]“
http://uzdz.blogspot.com/2019/02/neunsilbensechsx.html
Dein Gedicht fließt klangrein ins Leserherz. Eine gelungene Reimkomposition!
Ein Vogel gebiert ein Nichtwort
befiedert die Luft mit Möglichkeiten
Kraniche legen sich in Falten
Ein Fisch fliegt vorbei
http://www.jesstartas.wordpress.com/2019/02/07/tag-6
http://www.twitter.com/FrauBlod/status/1093501312665305090
Was täte ich
wenn du meine Liebe verlörest
Unsre beiden ausgekühlten Körper fischherzig
Wir erschlagen vom Nichtwort
Kämpfte
oder kapitulierte ich?
Ich arbeite noch an einer passenden Uebersetzung, aber das ‚Nichtwort‘ ist eben ein ‚Nichtwort‘. Liebe Sophie, bestimmt kannst du mir ein Werk nennen, in dem Hilde Domin es verwendet.
oh, liebe ulrike, ich bin beim durchblättern eines buches von domin über die wörter gestolpert, aber ich habe mir nicht die jeweiligen gedichte dazu aufgeschrieben. entschuldige bitte!
Danke dir, ich suche weiter
Liebe Ulrike, vielleicht können dir die folgenden Zeilen von Hilde Domin kleinwenig helfen:
LYRIK
das Nichtwort
ausgespannt
zwischen
Wort und Wort
Vielleicht findest du eine entsprechende Übersetzung für das „Unsagbare“ – das nicht „Konkrete“ auszusprechende?
Super, genau das isses!!! Ich danke dir und noch heute Abend kommt die versione Italiana
So, ich hab’s geschafft.
Und im Internet, liebe Gerda, fand ich folgendes:
«Lirica / la non parola / tesa / tra / parola e parola»
So habe ich mich an den Begriff ’non-parola‘ gehalten…obwohl ich gar nicht nachvollziehen kann, wie das in italienischen Muttersprachlerohren klingen mag,
Io che cosa farei
se tu perdessi il mio amore
I nostri corpi entrambi freddi e coi cuori da pesci
noi massacrati dalla non-parola
Lotterei
oppure mi arrenderei?
Liebe Ulrike, da teile ich jetzt meine Freude mit dir! Obwohl ich nicht italienisch spreche, (vereinzelte Worte dennoch oftmals verstehe), berausche ich mich allein schon am herrlichen Klang der Worte. Wie schön, dass du diesmal deine Gedichte auch als Übersetzung postest. Ich lese sie mir laut vor und träume mich gleichzeitig auch kleinwenig nach Italien, ins „Land meiner Sehnsucht“. Sie erreichen mich wie melodiös kleine Wortgeschenke! DANKE!
von @gedankentaenze:
In den Zwischenräumen
unserer *Nichtworte
lebt *heimwehgefiederte
Erinnerung an ein:
„Aber dich gibt’s nur einmal für mich…“
Deine Worte berühren mich, denn du sprichst mir wirklich aus der Seele, vor allem mit deiner Schlusszeile. Erinnerungen holen mich dabei ein. DANKE, @gedankentänze!
Nach der Kältekammerzeit
versammle ich mein Traumvolk
um mich herum
wir machen uns davon
tauchen schwerefrei
im Weltenmeer
suchen Schönes
stärken uns
noch vor dem Schlaf
(von Hilde Domin geborgte Wörter: „Traumvolk“ und „schwerefrei“)
Das gefällt mir sehr. Hach!
Danke. 🙂
https://www.schreib-t-raum.de/frapalywo-geborgte-worte-6-herzige-freiheit-ohne-federn/
von @giselheid22:
Warten, bis die Worte kommen wollen. Sitzen, an den Abend gelehnt, im Rücken ein Nichtwort. Gedanken wandern mit den weißen weichen Wolken, ribbeln sie auf: schwerefrei; und sie befiedern sich und verlieren sich in der Stille.
heimwehgefiedert
flüchtet mein selbst vor sich selbst
in die einsamkeit
in die tiefen der stille
in den schwerefreien raum
* kursiv: von Hilde Domin geborgte Worte
Liebe Sophie,
könntest Du bitte noch ein „s“ einfügen,
… flüchtet vor sich selbst
obwohl es mit dem ich irgendwie auch Sinn machen würde 🙂
Danke
Das spricht mich sehr an , liebe Yumami ! Lg Stephanie 🙂
Danke, liebe Stephanie,
es floß einfach so aus meinem <3
Wie schön, dein feinsinnig gelungenes Tanka!
Danke, liebe Gerda
von @tauscher57:
klimawechsler
um unter dem traumvolk zu leben
ohne sorgen, schwerefrei den tagen entgegen
ein wunsch ein traum von vielen
von @katkaesk:
In seinem blick liegt
das nichtwort,
wenn ich an ihn denke,
seh ich den
schlafenden rücken
und lächle,
erfreue mich an
knackenden knöcheln,
wir sind ein traumvolk,
befiedern uns, wir sind vögel(n)
irgendwo im süden,
ich bin heimwehgefiedert
schweigende tränen
gesten der demut
ängstliches lächeln
misslingende schwerefreiheit
resigniertes abwinken
schlurfender schrittklang
kopfwiegen voller trauer
jedes nichtwort ein wort
traurig-schön <3
danke <3
schwerefrei schweben wir im
da ist ein raum von text bis du
dein nichtwort im kalten blick
heimwehgefiedert verbringst du die tage
in fischherziger abwesenheit
und die gegenwart ist erst später
traumvolk, sagst du, und ich denke rauch
dein wort befiedert die halbgraue zeit
jedes herz ist ein zugvogel.
https://barcelonalien.com/2019/02/07/von-bis/
In Nächten
nach lichten Tagen
Traumvolk befiedert
meine Gedanken
schwerefrei und
federleicht
erscheint das Leben.
Sag es nicht!
Sag das Nichtwort nicht.
(Geh nicht. Bleib!)
Halt mich.
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https://poesiafragile.de/schwerefrei/
Die Leere in uns wuchs
mit jedem Wort, das ungesagt,
ungedacht, ungeträumt blieb.
Bis wir schließlich,
uns sprachlos fremd geworden,
das Nichtwort als Anker wählten.
Und einander verloren gingen.
stigma
wir sind klimawechsler
reisendes traumvolk
schwerefrei
wir sind nicht der rede wert
doch wird viel von uns
erzählt
wir sind unübersehbar
heimwehgefiedert
fischherzig
im nichtwort zuhause
das uns begleitet
beim befiedern
entschuldigung für die missglückten versuche der formgebung – sie können, falls möglich, auch gerne gelöscht werden
von @nichterfasst:
https://twitter.com/nichterfasst/status/1093611453205098501/photo/1
im aufwachen fällt mir auf
dass meine hände fehlen
es ist so dämmrig
das licht bleibt beinahe stehen
ein netz aus rissen leuchtet über mir
ich kann es nicht berühren
fischherzig suche ich ein leck
wie konnte das eis sich
um mich türmen
Spät lese ich hier und bin eingenommen von diesen Zeilen. Sie werden haften bleiben. Sehr eindrucksvoll.
von @alilicj:
https://worteausdemwunderland.wordpress.com/2019/02/08/_-_-_/
Ich hätte es mir nie verziehen, dieses frapalywo auszulassen, liebe Sophie. Deshalb heute von mir nachgereicht zu Hilde Domin:
Requiem für eine Katze
Tage im Heimwehgefieder
klopfen am Brustbein
erbeten Auslass
verharren im Ich.
Wo ist sie, die ihre Liebe
so schwerefrei gab –
so viele Jahre, ohne
eine Zeche zu fordern?
Ich rufe zärtlich
ihren Namen
wir wandeln
traumvolkverloren
Im Erwachen lähmt
das Nichtwort meine Zunge
kursiv ausgeborgt den „Wunderworten“ von Hilde Domin