was darunter liegt
ein punkt zunächst ein strich
auch nur eindimensional in
blau beginne ich
am unteren rand der leinwand
die große fläche eine weite
liegt vor mir viel
versprechend ohne wiederkehr
war ich je mutig genug für
weitere farben einen kreis einmal
bemalt lässt sie sich
nur mit weiß komplett
auslöschen das
darunter bleibt
Gedicht
raunacht 8 – glatt der stein
dieses folgende gedicht hat vermutlich noch am meisten den status eines unfertigen raunacht-gedichts und darf hier dennoch stehen und mich weiter beschäftigen: in gedanken, auf papier, in den stillen eines tages, einer nacht, auf dem weg.
im gesicht ein gegangener weg
schlagen sich kerben im gesicht falten
tief furchen im alter ein leben lächeln
als kompass
lebenslinien in gold
am himmelshorizont richtungen
vier an der zahl den weg kennen wir
nicht immer
gehen ihn
doch
was liegt darauf
raunacht 7 – sommersinne
sommersinne
werde ich die kirschen pflücken vom baum
die leiter aus holz unter den füßen
blinzelt mir die sonne ins gesicht
und der geschmack des sommers auf der zunge
die leiter aus holz unter den füßen
kühl und rau das material
auf der zunge der geschmack des sommers
kirschkernweitspucken im gras
kühl und rau das material
hält die hand fest die ernte
im gras kirschkernweitspucken
jazz liegt sehnsüchtig in der luft
hält die hand fest die ernte
in jeder frucht ein wunsch
raunacht 6 – schweben (ein haiku)
schweben
in der balance fliegt
die wildente ihr ruf hallt
am boden liegt tau
raunacht 5 – dankbarkeit
ich dir du mir
zugeständnis des morgens muse
stunden für dich fliegen
gedanken landen auf papier
mit stolzer konsequenz
dir raum und wort verschaffen
in meinzeit gezähmt
raunacht 4 – beim funkenschlag
die vierte raunacht geht in den körper, und der funkenschlag bringt folgendes gedicht zu tage:
raunacht 3 – die goldene walnuss
die dritte nacht: neue gedanken beschäftigen mich und meinen kern, den ich mir als begleiter für 2012 ausgesucht habe. eine goldene walnuss. golden, weil die diva in mir zum vorschein kam. und ich etwas glamour benötige. walnuss, weil ich sie eine so nahrhafte frucht ist, und ich einfach nahrung benötige. seelennahrung. körpernahrung. geistige nahrung. nahrung. eben.
und was ich beim beschäftigen mit mir und meinem neuen 2012-kern festgestellt habe: es geht bei mir um das loslassen. zulassen. zu sich kommen lassen. deshalb kam dann folgendes gedicht heraus:
ein schreibnacht-gedicht: zärtlich
zärtlich
porös unsere haut durch
lässig lagen auf lagen
schollen in schichten am see
springen tränen eisern
die wange hinab
in zwei schneidet sie der wind
wir kämpfen uns bis zum
ersten schritt auf dem eis porös
wie unsere haut einbricht
im bahnhof
schmallippig sitzt sie
in der wartehalle des bahnhofs
ein kleiner koffer neben ihr
auf dem boden dieser gefließt
aus holz die bank ihre hände
gefaltet in sich gekehrt
laufen menschen vorbei
sie sitzt schmallippig
in der hetze auf ihrem platz
schon warm das holz
spürt sie nicht
die minuten gehen
an ihr vorbei unbeachtet
sitzt sie schmallippig
in der wartehalle des bahnhofs
im winter
läuft sie läuft
unbeeindruckt von kälte
um sie herum
ein schirm als stock
die stütze tut ihr gut
ihr blick es ist ihr blick
er geht vorbei
unbeeindruckt von ihr
[ich muss gestehen, ich bin gerade fan davon, fotos als impulse für meine gedichte zu nehmen. auch das "im winter" ist impulsresultat dieses fotos]